Steyr(?)-Traktor um1930
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Steyr-Agrar-System
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Zur Entstehung des Steyr-Dieselmotors der Baureihe 13
Nach einem Gespräch mit Dr. Eugen Egger am 22.5.06 in Anwesenheit von Dr. Kurt Lettner und Dipl. Ing. Peter Mayerhofer, durch deren Vermittlung dasTreffen zustande gekommen ist.
Die Fa. Steyr wurde 1864 gegründet und produzierte zunächst vorwiegend
Waffen. Nach dem ersten Weltkrieg wurde von den Siegermächten im Vertrag
von Saint Germain die Waffenproduktion untersagt, die Firma musste sich alternative
Betätigungsfelder suchen, so z.B. Fahrzeugbau, vor allem zunächst
Pkw´s.
1928 erfolgte die Entwicklung eines Traktors, von dem aber lediglich ein Prototyp
mit Benzinmotor entwickelt wurde. Aus wirtschaftlichen Gründen wurde
von einer weiteren Entwicklung Abstand genommen.
Es existieren Fotos von einem weiteren österreichen Traktor aus der Zwischenkriegszeit.
Dr. Egger meint, dass dieser, wenn überhaupt, ein Steyr-Traktor, ein
Prototyp aus der Zeit vor 1934 sein müsse, er persönlich kenne ihn
jedoch nicht. Es gäbe seines Wissens auch keine Unterlagen dazu.
1935 schlossen sich die Firmen Steyr-werke A.G. und Austro Daimler-Puchwerke A.G. zur Steyr-Daimler-Puch A.G. (SDP) zusammen.
Nach dem Anschluß erfolgte die Eingliederung in die deutsche Rüstungsindustrie
und während des Zweiten Weltkrieges war SDP ein Rüstungsbetrieb
im Rahmen der Hermann Göhring-Werke.
Nach dem Krieg widmeten sich die SDP-Werke vor allem dem Bau von Lkw´s
und Traktoren (da letztere zur Steigerung der landwirtschaftlichen Produktion
erforderlich und auf dem österreichischen Markt auch absetzbar erschienen)
Dr. Eugen Egger, Jg. 1914, war in der Kriegs-und Nachkriegszeit Assistent
von Prof.
Dr. Anton Pischinger, der damals das Institut für Entwicklung von
Verbrennungsmotoren an der Uni Graz geleitet hat. Dr.Egger war unmittelbar
an der Entwicklung des Steyr-Dieselmotors der Baureihe 13 beteiligt, Er ist
sozusagen der letzte lebende Zeitzeuge.
Lt. Dr. Egger wurde erst nach dem Krieg von Seiten der SDP Werke ein Dieselmotorentwickelt.
Die Steyr-Fahrzeuge der Kriegs- und Vorkriegszeit waren ausschließlich
mit Benzinmotoren ausgerüstet, so z.B. der Raupenschlepper Ost und der
zivile LWK A-Typ.
1945 kam es zu einem Gespräch zwischen Hr. Dr. Haas, der damals technischer
Direktor von Simmering Graz Pauker war, und Prof. Dr. A. Pischinger über
die Entwicklung eines Dieselmotors durch SDP.
Dr. Eugen Egger, zu dieser Zeit Assistent am Institut für Thermodynamik
und Verbrennungskraftmaschinen an der Univ. Graz, wurde von Prof.Dr.A.Pischinger
mit der Entwicklung dieses Dieselmotors für SDP beauftragt. Dieses Institut
war damals in Folge des Krieges nach Klaus an der Phyrnbahn ausgelagert. Klaus
war zu dieser Zeit amerikanisch besetzt während die SDP-Werke in Steyr
selbst zunächst russisch besetzt waren.
Ende 1945 kam es zu einer Veränderung der Zonengrenze, dadurch wurde
die gesamte Stadt Steyr inklusive der SDP-Werke der amerikanischen Besatzungszone
zugeschlagen.
Die Planung und Entwicklung der ersten Prototypen der Dieselmotoren der Baureihe
13 fand in Klaus statt, hier wurden auch die ersten Prototypen des Motors
gebaut, zu Studienzwecken und um die Weiterentwicklung darauf aufzubauen.
Entscheidend bei der Entwicklung von Verbrennungsmotoren ist das „Zusammenspiel“
von Einspritzung, Verbrennung, Luftbewegung, Faktoren, die zu dieser Zeit
nicht berechnet oder simuliert werden konnten sondern empirisch evaluiert
werden mußten. Die Entwicklung eines Motors (auch eines Mehrzylindermotors)
findet daher immer am einzylindrigen Modell satt.
Die Entwicklung des Steyr-Dieselmotors durch Dr. Egger orientierte sich in
der „Dimension“ (Bohrung und Hub) am sogenannten deutschen Einheitsdiesel-
motor, im Deutschen Reich eine Zylinderstandardgröße (110mm DM,
130mm Hub). Der Motor selbst wurde unter Zugrundelegung dieser „Dimension“
allerdings vollkommen neu konstruiert, wobei anzumerken ist, dass sich einige
der Konstruktionsmerkmale unterschieden, je nach Anwendungsart (z.B. Traktor-
oder Lkw-Motor) bzw. auch welche Funktion der Motor in der Konstruktion (z.B.
Blockbauweise = tragendes Element) hatte.
Beim gegenständlichen Motor der Baureihe 13 waren bei den Traktor- und
Lkw-Motoren folgende Teile identisch: Büchsen, Kolben, Kurbelwelle, Zylinderkopf
inkl. Ventilen. Unterschiede zwischen Lkw- und Traktormotoren bestanden z.B.
im Kurbelgehäuse, das beim Lkw aus Aluminium war und in der Tatsache,
dass ein Lkw-Motor keine Schwungmasse hatte.
Nachdem der Steyr-Dieselmotor als Einzylindermotor mit 13PS entwickelt worden
war, entschloss man sich allerdings zunächst zur Produktion des Zweizylindertraktors
Typ 180, des „26er“, da man davon ausging, dass gerade an diesen
Traktoren großer Bedarf bestünde. Retrospektiv zeigte sich jedoch,
dass es eigentlich der Einzylindertraktor Typ 80 war, der 1949 auf den Markt
kam und die Mechanisierung der Landwirtschaft in Österreich so richtig
vorantrieb. Von dem 26er wurden im Jahr 1947 180 Stück produziert, wovon
2 in das Ausland ausgeliefert wurden, 1948 waren es bereits 4017 Stk.und 1949
4344 Stk.
1950 wurden nur noch 2674 Stk. Zweizylindertraktoren produziert, aber bereits
2668 Stk. Einzylindertraktoren. Im Jahr 1950 wurden von 2668 produzierten
Einzylindertraktoren 601 Stk. und von den 2674 Zweizylindertraktoren
1010 Stk..ins Ausland verkauft.
Die Leistungssteigerung auf 15 PS pro Einheit erfolgte 1949 durch eine Modifikation
der Brenneröffnung, auf 18 PS (1956) durch eine Erhöhung der Nenndrehzahl
von 1600 U/Min. auf 1750 U/Min. mittels Steigerung der Einspritzmenge von
75 Kubikmillimeter/Hub auf 81 Kubikmillimeter/Hub.
Zum Schutz des heimischen Marktes für österreichische Firmen, wurden
Einfuhrzölle eingehoben, die Finanzierung des Traktorankaufes durch die
Landwirte wurde durch den Agrarinvestitionskredit sowie durch den Agrarsonderkredit
erleichtert. Diese Kredite wurden durch das Landwirtschaftsministerium finanziert
und durch die Landwirtschaftskammern zugeteilt. Auflage war, dass mit diesen
Krediten ausschließlich Traktoren angeschafft werden durften, die ein
Protokoll der landwirtschaftlichen Prüfanstalt in Wieselburg vorweisen
konnten. Die Prüfanstalt evaluierte, ob die Herstellerdaten auch in der
Praxis nachvollzogen werden konnten. Protektion österreichischer gegenüber
ausländischen Traktoren erfolgte dabei nicht.
Schon bald konnte SDP die Nachfrage durch entsprechende Produktion nicht abdecken, die Traktoren wurden zugeteilt und es kam vor, dass Landwirte mit einem Rucksack voller Geld vor dem Steyr-Werk erschienen, in der Hoffnung, vielleicht doch einen Traktor mitnehmen zu können. Gelang dies, wurde u.U. gleich mit dem neuerworbenen Stück nach Hause gefahren.
Es gelang SDP sehr bald, ein großes Händler-und Werkstättennetz
aufzubauen, sodaß jeder Kunde in unmittelbarer Umgebung eine Reparatur-
und Wartungsmöglichkeit hatte. Die Händler waren vorwiegend Private,
die entsprechende Verträge mit der Fa. Steyr abgeschlossen hatten, erst
später kamen Genossenschaften hinzu.
Förderlich für die Verkaufszahlen war sicherlich auch, dass der
Steyr-Traktor zu dieser Zeit eine vollkommen neue Entwicklung war und damit
einer der modernsten seiner Zeit, sowie die Tatsache, dass Steyr sozusagen
ein Gesamtpaket („Steyr Agrar-System“ Bild) anbot, also den Traktor
mit zahlreichen erforderlichen landwirtschaftlichen Geräten. All dies
konnte bei ein und dem selben Händler erworben und gewartet werden.
Von den Motoren der Baureihe 13 wurden 1, 2, 3, und 4-Zylindermotoren, aber auch ein 6-Zylindermotor gebaut. Letzterer wurde 1948 in zwar in Steyr entwickelt, ab 1951 ausschließlich von der Fa. Csepel in Ungarn produziert (die 1948 die Lizenz zur Herstellung der BR 13 erhalten hatte) und bis 1970 im LKW- und Busbereich eingesetzt.
Der 6-Zylindermotor der Reihe 13 wurde aber auch in den von der Fa. Dutra
in den damals gebauten Schwertraktor, den Dutra-Steyr (Bild) eingebaut. Den
Dutra-Steyr gab es auch in der vierzylindrigen Version, auch diese Motoren
wurden bei Csepel gebaut.
Dr. Eugen Egger, geb. 1914, studierte Maschinenbau
und Elektrotechnik an der Univ. Graz, ab 1936 Assistent an der Univ. Graz
bei Prof. List und bei Prof. Pischinger.
Von 1951-1979 bei SDP, zuletzt als techn. Direktor.
Ab 1980 der erste Geschäftsführer der BMW-Werke in Steyr und ist
seit 1983 in Pension.
Dr. Kurt Lettner, geb. 1938, Maschinenbaustudium in Wien, ab 1963 bei SDP, zunächst als Leiter der Motorentwicklung und hat 1985 die Nachfolge von Dr. Egger als technischer Direktor bei Steyr angetreten.
Dipl.Ing. Peter Mayerhofer, geb. 1938, Landwirschaftsstudium an der Universität f. Bodenkultur in Wien, ab 1966 bei SDP im Bereich Landtechnik tätig. Ab 1990 dann bei „Steyr Landmaschinentechnik“ in einem selbständigen Bereich des ursprünglichen Konzernes tätig. Ab 1997 bei der Fa.Chase, die ja Steyr Landtechnik gekauft haben und 1999 von Holland übernommen wurde.
Steyr(?)-Traktor um1930
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Steyr-Benzinmotor V8
75 PS bei 2700 U/min.
3517 cm3
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erste
Erwähnung des
Steyr-Dieselmotors
im Konstruktionsbuch
30.10.1945
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